Nun
lebe ich schon fast zwei Monate in Tansania und ihr wisst noch gar
nichts darüber, was ich den ganzen Tag so treibe!
Also
werde ich euch heute meine Arbeit in der Einsatzstelle näher
vorstellen, damit ihr ja nicht denkt, ich liege hier bloß auf der
faulen Haut!
Zuerst
möchte ich sagen, dass das Charlotte Health Centre kein
Krankenhausstatus besitzt. Allerdings arbeitet es darauf hin. Das
Health Centre wird von circa 15 Schwestern betrieben, mit denen wir
gemeinsam leben. Jeder hat sein eigenes Arbeitsfeld. Die Aufgabe des
Health Centres ist es, vor allem die ländliche Bevölkerung hier
medizinisch zu versorgen. Bei schweren Fällen werden die Patienten
allerdings ins KCMC, ein großes Krankenhaus in Moshi, überwiesen.
Das
Health Centre besteht aus einem Office oder OPD genannt, einer
Dispensary, einem Labor, einer Klinik, einer Zahnarztpraxis (Dental
Unit), den „Wodinis“ (Krankenstationen) und einem kleinen Laden.
Das Gelände ist eingezäunt und wunderschön bepflanzt.
Im
Office bzw. OPD werden die Patienten aufgenommen und erhalten einen
File. Der File ist eine Pappkarte A4, auf die alle Daten des
Patienten geschrieben werden und ebenfalls das Datum, die aktuelle
Diagnose und die verschriebene Medizin, alles auf Englisch. Die
Patientendaten aufzunehmen ist gar nicht so leicht. Meistens reden
die Patienten sehr leise oder undeutlich, wissen nicht wann sie
geboren wurden oder lassen ein anderes Familienmitglied für sie
sprechen, da sie kein Kiswahili können.
Wichtige
Fragen sind:
Jina
lako ni nani? - Wie ist dein Name?
Umezaliwa
tarehe ngapi? - An welchem Datum bist du geboren?
Umetoka
wapi? - Woher kommst du?
Wewe
ni dini gani? - Welcher Religion gehörst du an?
Wewe
ni kabila gani? - Zu welchem Stamm gehörst du?
Unafanya
kazi gani? - Was arbeitest du?
Die
häufigste Antwort ist dann „mkulima“, Bauer.
Auch
bei den Namen haben Johanna und ich so unsere Schwierigkeiten. An
jeden Namen kann beliebig ein „i“ angehängt werden. Dieses „i“
sollte dann aber nicht immer aufgeschrieben werden. Der Familienname
Moleli ist hier so häufig, wie bei uns Müller oder Schmidt. Viele
interessante Vornamen gibt es zu entdecken, beispielsweise
Heavenlight, Goodluck, Ladislaus, Gift, Omega, Inocent oder
Brightness.
Aber
die Tanzanier verwenden auch viele Namen, die bei uns in Deutschland
zu finden sind, schreiben sie aber so, wie sie gesprochen werden,
beispielsweise
Robat
(Robert), Sabastian (Sebastian), Jenipha (Jenipher), Samwel (Samuel).
Außerdem
ordnen wir die Files nach dem Tag wieder ein. Jeder File hat eine
Nummer, die automatisch zur Patientennummer wird. Nach diesen Nummern
werden die Files geordnet. Bei jedem weiteren Kommen muss der Patient
seine Nummer wissen.
Weiterhin
tragen wir die Patientennummer plus Namen in einen Computer ein oder
übersetzten deutsche Medikamente ins Englische. Im gleichen Haus
arbeiten auch die Ärztinnen. Wenn wir Glück haben, dürfen wir bei
den Patienten Blutdruck und Temperatur messen, ihre Größe und
Gewicht bestimmten oder auf Visite in die Wodinis mitgehen. Die
Wodinis sind Krankenstationen für Männer, Frauen und Kinder, die
stationär aufgenommen werden müssen. Allerdings putzt hier keine
Krankenschwester Betten oder bringt den Patienten Essen und Trinken.
Um das Patientenbett sitzt die gesamte Großfamilie und übernimmt
die Pflege ihres kranken Familienmitgliedes. Außerdem gibt es noch
ein Wodini wa Wazazi. Dies ist ein kleines Gebäude, welches aus
einem Schlafraum für die schwangeren Frauen besteht und einem
angrenzenden Entbindungszimmer. Bald dürfen wir auch selber bei
einer Geburt dabei sein. Als kleine Information, für alle die, die
sich über ein Dreibettzimmer in einem deutschen Krankenhaus
beschweren, hier stehen 12 Betten in einem Schlafsaal.
In
der Dispensary werden Medikamente gesucht, gezählt und dann
ausgegeben. Zusätzlich werden Spritzen gegeben, Wunden versorgt und
Patienten, die stationär aufgenommen werden, erst versorgt und ihnen
werden meist Flexülen gestochen. In diesem Bereich ist es oft
hektisch, weil gefühlt alle Patienten zur gleichen Zeit ihre
Medikamente abholen wollen.
Im
angrenzenden Gebäude befindet sich die Klinik, ein Vorsorgezentrum.
Jeder Tag ist für eine spezielle Zielgruppe bestimmt. Montags kommen
HIV-infizierte Menschen, dienstags Babys, mittwochs schwangere
Frauen, donnerstags Kinder und der Freitag ist für niemand
speziellen reserviert. In der Klinik werden Impfungen gegeben, es
wird gewogen und gemessen und die Frauen werden während ihrer
Schwangerschaft medizinisch begleitet. Immer mehr Menschen nehmen das
Angebot dieser Vorsorgemöglichkeit an. Allerdings bekommen manche
Mütter ganz schön was zu hören, wenn ihr Kind nicht mehr im grünen
Bereich mit dem Gewicht ist. Die Schwestern sind da sehr genau, was
auch wirklich wichtig ist und klären die Mütter immer wieder auf,
wie sie ihre Kinder ernähren müssen.
Im
Labor werden Urin, Stuhl, Sputum und Blut unter dem Mikroskop
untersucht. Es werden HIV-Tests, Schwangerschaftstest und
verschiedene weitere Tests durchgeführt. Alle Ergebnisse werden in
Büchern notiert. In den Finger piksen, wie beim Blutzuckermessen,
oder Blut abnehmen gehört auch zu unserem Aufgabenbereich. Und bitte
das Pole nach dem Blut abnehmen nicht vergessen! Anstatt Handschuhe
anzuziehen, werden sie bevorzugt zum Arm abbinden verwendet. Von
Hygiene ist hier nur wenig zu spüren, vor allem nach unseren
Erfahrungen mit den Hygienestandards in einem deutschem Krankenhaus.
Laborarbeit
ist wirklich spannend und macht auch großen Spaß!
Die
Dental Unit gibt es schon länger, allerdings sieht sie erst seit
2010 wie eine deutsche Zahnarztpraxis aus. Ein deutscher Zahnarzt aus
Kronberg hat hier ein Projekt gestartet, um den Patienten zu
ermöglichen, dass ihre Zähne nicht einfach nur ohne Narkose gezogen
werden. Er kommt mehrere Male im Jahr her, um mit den Schwestern
gemeinsam zu arbeiten und alles weiter auszubauen. Wir haben ihn
kennen gelernt, als er vor kurzem zwei Wochen hier verbracht hat. In
dieser Zeit konnten wir ein wenig Zahnarztluft schnuppern und ihm
über die Schulter schauen.
Johanna
und ich arbeiten getrennt jeden Tag in einem anderen Bereich. Am Ende
jeden Monats setzten wir uns immer zusammen und erarbeiten Reporte
und Statistiken, was für die Schwestern eine große Hilfe ist.
Nun
habt ihr einen Einblick in meine Einsatzstelle erhalten und könnt
euch selbst ein Bild machen. Vielleicht klingt die Arbeit sehr
interessant und spaßig, aber oft hat man das Gefühl im Weg
rumzustehen und muss sich ganz schön durchbeißen, vor allem weil
hier kaum eine Schwester mit Stress umgehen kann.
Ganz liebe Grüße aus Tanzania!
Johanna
und ich wünsche euch eine gemütliche, schöne und besinnliche
Adventszeit!