Am
Montag den 14.10.2013 brechen 32 Freiwillige in das große, weite
Tansania auf.
Ich
bin eine von ihnen. Um 4:30 Uhr klingelt mein Wecker. Es ist noch
dunkel und der Hahn hat wunderlicherweise noch keinen Ton gekräht,
als ich aufstehe, mich anziehe und alle restlichen Kleinigkeiten
einpacke. Um 5:15 Uhr gibt es Frühstück. Wie jeden Morgen im Agape
Centre gibt es Toast mit Erdnussbutter oder Marmelade und dazu
schwarzen Tee. Getrunken wird ab diesem Zeitpunkt nur noch im
Notfall, da wir mit einem öffentlichen Überlandbus fahren werden
und dieser nur selten anhält oder einfach teilweise Strecke entlang
fährt, wo er gar keine Haltemöglichkeit hat. So langsam sind wir
alle aufgeregt und wollen, dass es endlich losgeht. Nach dem
Frühstück schnappen wir unsere Koffer und laufen alle zum Kleinbus,
der uns zur Bushaltestelle „Mbezi“ bringen soll. Für unser
Gepäck ist ein Kleintransporter verantwortlich. Ein Packsystem gibt
es nicht, so werden unsere Koffer einfach der Reihe nach auf die
Ladefläche geworfen. Allerdings ist die Ladefläche nach kurzer Zeit
voll. Mein Koffer wird noch ganz oben auf den Berg gelegt. Dann wird
der Berg aus Gepäck mit zwei roten Seilen festgezurrt. Schweren
Herzens steige ich in den Kleinbus. Gitarren und Rucksäcke finden
zwischen unseren Beinen und im Gang Platz. Nach wenigen Minuten
kommen wir an der Bushaltestelle an. Es herrscht reges Treiben. Ich
bin erleichtert, als ich sehe, dass mein Koffer gerade vom
Kleintransporter gehoben wird und sich nicht irgendwo in einem
Straßengraben von Daressalaam befindet. Nachdem alle ihr Gepäck
wieder bei sich haben, suchen die Mentoren ihre Gruppen und verteilen
die Busfahrkarten. Als der Kleinbus vom Agape Centre davon fährt,
hören wir das letzte Mal die Melodie „Für Elise“, die immer
dann ertönt, wenn der Bus den Rückwärtsgang einlegt.
Nun
geht es wirklich los. Unser Bus Richtung Moshi-Arusha (Nordtansania)
kommt zuerst. Zwölf Freiwillige nehmen ihre Koffer, verabschieden
sich vom Rest und stapfen zum Dar-Expressbus. Die Koffer werden nur
mit Mühe verstaut, denn der Bus hat nur relativ wenig Raum für
große Koffer. Irgendwie wird dann doch für jeden Koffer ein Platz
gefunden und wir können beruhigt einsteigen. Ich sitze neben Nele,
einem Mädchen, die in Himo ihren Freiwilligendienst leisten wird.
Johanna, Nele und ich haben uns auch schon in Agape ein Zimmer
geteilt. Am Anfang der Fahrt versuche ich noch ein wenig zu schlafen.
Später quatsche ich mit Nele und teile mir mit ihr Erdnüsse und
Kekse. Der Bus ist ein richtiger Reisebus, allerdings wäre er
wahrscheinlich in Deutschland nicht durch den TÜV gekommen. Die
Sitze sind so weich, dass ich richtig einsinke, aber soweit bequem.
An der Decke hängt vorne ein kleiner Fernseher. Zu Beginn dudeln
religiöse Musikvideos vor sich hin, später laufen sogar zwei Filme
auf Kiswahili. Die Sitzplätze sind alle belegt. Am Vormittag kommt
ein Mann vom Busteam durch die Reihen und verteilt Kekse und Soda.
Ich entscheide mich für eine Fanta, die gefühlt unglaublich viel
mehr Zucker enthält als in Deutschland. Gegen Mittag wird eine kurze
15 Minuten-Rastpause eingelegt. Es gibt ein Häuschen mit Stehklos,
das soweit in Ordnung ist. Ein paar Obststände stehen davor. Für
uns geht es allerdings schnell weiter. Ich sitze nun am Fenster und
kann die unterschiedlichen Landschaften beobachten. Die Erde ist nun
richtig rot. Wir fahren an kleinen Dörfern mir Lehmhütten vorbei.
Die Menschen winken. Riesen Berge tauchen auf und als ich frage, ob
dies die Usambara Berge sind, wird meine Frage bejaht. Also wird erst
mal die Kamera gezückt. Der Bus fährt gefühlt irgendwo im
Nirgendwo. Zwei Stunden sehen wir abwechselnd die berühmten
Baobab-Bäume oder einfach nur Kakteen, anderes Gewächs oder nur
Sand, Stein und ab und zu ein kleines Häuslein in der Pampa. Die
Straße, auf der wir fahren, ist die einzige befestigte Straße in
der gesamten Umgebung. Um ca. 13:30 Uhr erreichen wir den ersten
Stopp der ersten Einsatzstelle. Jasmin und Hannah verlassen den Bus
als erste. Nun verstehen wir anderen so langsam, dass auch wir bald
an dem Ort ankommen werden, wo unser zehnmonatiges tansanisches Leben
beginnt. Der Kilimanjaro taucht am Horizont auf. Es folgen Anna,
Rebekka und Laura. Kurz danach steigt auch Nele aus. Ich sitze allein
auf meinem Platz und schaue es dem Fenster. Es ist mittlerweile
wirklich heiß. In Moshi steigt eine Frau mit Kind zu. Das Kind setzt
sich mit einem skeptischen Blick zur Mutter neben mich. Um ca.15:30
Uhr erreicht der Bus unsere Haltestelle. Wir steigen aus und eine
Hitzewelle kommt uns entgegen. Um uns herum wuseln Menschen mit
Körben auf dem Kopf und in den Händen voller Obst und Gemüse. Wir
schnappen unsere Koffer, Roman verabschiedet sich kurz und gibt uns
in die Hände von Sister Josepha und Sister Mary. Sie begrüßen uns
herzlich und gehen zu dem weißen Transporter der Holy Spirit
Sisters. Unsere Koffer werden in den hinteren Teil gepackt, wir
dürfen vorne Platz nehmen. Schon geht es los. Wir machen mehrere
Zwischenstopps, damit die Schwestern noch Obst und andere Dinge
kaufen können. Ich schmelze in der Zeit, da die Sonne genau auf
meine Seite scheint. Müde und durchgeschwitzt kommen wir auf der
Kilari Farm im Charlotte Health Centre an. Die beiden Schwestern
führen uns zum Gästehäuschen, welches auf einem kleinen Hügel
gleich neben dem Schwesternhaus liegt. Wir essen eine Kleinigkeit mit
ihnen und beziehen dann unsere Zimmer.
Ich
habe hier ein Einzelzimmer mit Blick auf das Health Centre und
teilweise auf den Kilimanjaro. In meinem Zimmer befindet sich ein
kleiner Schreibtisch, ein Stuhl, ein Bett (für mich leider etwas
kurz) mit Moskitonetz, eine Schrankvorrichtung mit Fächern, die von
einem Vorhang verdeckt werden, ein Waschbecken mit Spiegel und neben
dran, in einem kleinen Raum, eine Sitztoilette. Die Dusche, aus der
nur selten Wasser kommt, befindet sich außerhalb unserer Zimmer im
hinteren Teil des Hauses. Der vordere Teil ist ein Raum, separiert in
ein kleines Wohnzimmer, nicht zu vergleichen mit dem, was wir uns
unter Wohnzimmer vorstellen, und ein Essbereich mit Abwaschbecken. Es
gibt ein paar Sessel mit kitschiger Häkeldecke darüber, ein kleiner
Tisch mit Kunstblumen darauf und gegenüber befindet sich ein bis
jetzt nicht genutzter Fernseher. Einen kleinen Schrank mit Geschirr,
Tee und Essutensilien befindet sich in der Ecke des Essbereiches, in
dessen Mitte ein großer Tisch steht. Alles in allem ein wirklich
luxuriöses Heim.
Nach
dem Auspacken genehmigen wir uns eine kalte Dusche. Danach gibt es
schon bald Abendbrot. Die Schwestern singen, als wir den Essraum
betreten. Es gibt Reis, Nudeln, Kartoffeln, irgendein Kraut und dazu
Hähnchen. Als wir wirklich schon satt sind, wird vor uns noch eine
große Schüssel Obstkompott abgestellt. Vollgestopft bis obenhin
stellen wir uns auf Kiswahili vor. Danach übergeben wir unsere
Gastgeschenke. Eine Karte, kleine Christbaumkugeln, Glitzersticker,
einen Engel im Schüttelglas, zwei bunte Kerzen, eine Eieruhr, die
nun neben der Madonna als Dekortation steht, und Hühnchentütensuppe
von Knorr. Ich hoffe, ich habe jetzt nichts vergessen. Sie freuen
sich unglaublich und klatschen. Nach dem Essen geht es für uns ab
ins Bett. Endlich ausruhen. Nachts um 3 Uhr wache ich leider auf,
weil mich eine Mücke gestochen hat. Also krame ich im Halbschlaf das
Fenistil-Gel aus meiner Reiseapotheke.
Der
nächste Tag ist für uns ein Ausruhtag. Ich quäle mich aus dem
warmen Bett und bin die ganze Zeit am Niesen. Wahrscheinlich eine
Folge des Fahrtwindes bei offenem Busfenster. Zum Frühstück gibt es
Brötchen mit Butter, wir würden sagen Margarine, und süßer
Marmelade, die ich nun jeden Morgen seit über 4 Wochen genieße.
Nach dem Frühstück werden wir „Pumziken“ (Ausruhen) geschickt.
Wir suchen unsere Schmutzwäsche zusammen und gehen in den Waschraum
der Schwestern, weil es in unserem Haus kein Wasser gibt. Unser
erstes Mal Handwäsche, mittlerweile schon Gewohnheit. Immer ein
guter Zeitpunkt zum Quatschen. Nach dem reichlichen Mittagessen,
Kochbananen, zeigt uns Sr. Josepha das Health Centre. Es ist wirklich
eine schöne Anlage mit vielen verschiedenen bunten Blumen und
Pflanzen. Die Farben sind hier wahnsinnig intensiv. Nachmittags lesen
wir und probieren das Internet aus, was eher mies funktioniert.
Abends gehen wir zum ersten Mal in den Evening-Prayer. Meine Nase
läuft die ganze Zeit vor sich hin und ich fühle mich wie ein
wandelndes Bakterium. Nach dem Essen will ich nur noch ins Bett. Das
Heimweh drängt sich langsam auf. Heldenhaft jagen wir noch
Monsterspinnen und Riesengrillen aus dem Haus. Erschöpft schlafe ich
ein, während meine Ohren versuchen, all die verschiedene Geräusche
in der Nacht zu filtern. Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker um
5:45 Uhr. Morgenmesse. Ich schlüpfe in ein T-Shirt und Rock. Es ist
erstaunlich kalt draußen. Schlaftrunkend schlurfen wir in die
Kapelle. Nach der Messe rüttelt mich eine kalte Dusche wach. Der
warme Tee zum Frühstück wärmt wieder auf und so langsam kriecht
auch die Sonne hervor. Als der letzte Schluck ausgetrunken ist, gehen
Sr. Josepha und wir in unser Haus und suchen weiße Kittel heraus.
Diese müssen nur noch gebügelt werden und los geht es zum ersten
Arbeitstag!
Willkommen
in Sanya Juu!
Nun
habt ihr einen kleinen Einblick über meine Reise und Ankunft in
meiner Einsatzstelle erhalten. Weitere Berichte über meinen
Arbeitsalltag und das Health Centre kommen bald.
Ich
vermisse euch!
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